2010-10-08

Giftschlamm-Unglück: Typisch für die Branche der Metall- und Bergbauindustrie

Wien (pte/07.10.2010/12:30) - Das Giftschlamm-Unglück in Westungarn, das die größte Umweltkatastrophe des Landes darstellt, ist symptomatisch für die Metall- und Bergbauindustrie. Zu diesem Schluss kommt die Rating-Agentur oekom research AG http://www.oekom-research.com

Von den 130 weltgrößten börsennotierten Branchenvertretern erfüllen nur 31 die minimalen Anforderungen der Nachhaltigkeit. "Die Entsorgung giftiger Abfälle ist eines der größten Nachhaltigkeitsprobleme, neben der Einhaltung der Menschenrechte oder dem Klimaschutz", berichtet oekom research-Analystin Kristina Rüter im ressetext-Interview.

Ätzender Schlamm erreicht die Donau

Nachdem am Montag nahe der westungarischen Ortschaft Kolontar der Speicherdamm der Aluminiumfabrik Ajkai Timföldgyár geborsten ist, flossen eine Mio. Kubikmeter schwer ätzender und gesundheitsschädlicher Bauxitschlamm aus. Ortschaften und Felder wurden bedeckt, vier Menschen starben, weitere werden vermisst und über 120 verletzt. Das kontaminierte Wasser hat gestern den Fluss Raab und am Donnerstag die Donau erreicht und wird laut dem ungarischen WWF-Sprecher Gabor Figeczky auch in die nahe gelegenen Natura 2000-Europaschutzgebiete eindringen.

Katastrophen-Branche

Mehr als 42 Prozent der analysierten Unternehmen haben schwerwiegende Umweltschäden zu verantworten, berichtet Rüter. "Teils sind es ähnliche Unfälle, bei denen Speicherbecken mit giftigen Inhalten brechen. Teils geben Unternehmen Standorte auf und hinterlassen Rückstände, die über Regen, Boden und Flüsse in die Umwelt gelangen." Oft sei gar kein Unglück nötig, da Bergbaukonzerne ihre Giftschlämme teils sogar direkt und ohne Aufbereitung oder Zwischenspeicherung in Flüsse oder Meere pumpen. So verfährt etwa der britisch-australische Rio Tinto oder Kanadas Barrick Gold in Indonesien und Papua Neuguinea.

Verantwortung für das Unglück dürfte vor allem die MAL AG http://www.mal.hu als Betreiber tragen, die ihr Rückhaltebecken nicht genügend gesichert und dieses womöglich auch überbelastet hat. Die Umweltschutzorganisation Greenpeace http://www.greenpeace.at fordert von den beiden Werksbesitzern die volle Haftung für die Folgen des Unglücks.

Der bisher in Aussicht gestellten Entschädigung von 110.000 Euro für die Familien der Todesopfer steht das geschätzte Vermögen der beiden von 145 Mio. Euro gegenüber, mit dem sie zu den dreißig reichsten Ungarn gehören. "Die Schadenssanierung wird einen achtstelligen Eurobetrag kosten. Denn der Schlamm verbindet sich mit dem Erdboden, der ebenfalls abgetragen werden muss", berichtet Greenpeace-Sprecher Herwig Schuster gegenüber pressetext.

Standards viel zu niedrig

Einiges spricht dafür, dass die Katastrophe jedoch auch zum Politikum wird. So Die ungarische Regierung schweigt bis dato zur Veröffentlichung der genauen Inhaltsstoffe des Schlammes. Darüber hinaus nimmt der WWF die EU in die Pflicht, da ihre Sicherheitsstandards für den Bergbau zu niedrig seien und selbst diese teils nicht ausreichend überprüft werden. "Einfache Erdbaudämme reichen nicht zur Absicherung der Becken, da diese leicht durch Dauerregen durchweicht werden können", so WWF-Süßwasserexperte Martin Geiger http://www.wwf.at .

Trotz fehlender Absicherung gegen Risiken stufe die EU Rotschlamm als "nicht hochgradig gefährlich" ein. Für die direkte Umgebung bezeichnet der WWF den Vorfall sogar als "Apokalypse".

Metallindustrie und Bergbau genießen weiche Sicherheitsbestimmungen, erklärt Rüter. "Viele Länder sehen sie als wichtige Einnahmequelle und halten die Gesetze daher eher locker." Man könne jedoch davon ausgehen, dass derartige Speicherdämme in Deutschland, der Schweiz und Österreich besser gesichert sind. Zudem müssen hier Schlämme vor der Speicherung neutralisiert werden. "Die Betreiber sollten auch ohne Gesetze für ausreichend Sicherheit ihrer Standorte sorgen. Das ist eine Frage unternehmerischer Verantwortung", so Rüter. Die meisten Branchenvertreter seien laut ihrer Ansicht noch weit von nachhaltigem Handeln entfernt, obwohl sie sich dieses gern selbst attestieren.

Quelle: pressetext.austria, Redakteur: Johannes Pernsteiner


—-- Artikel erstellt auf iPhone

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