2017-03-27

BÖLW: Schmidt öffnet mit Enthaltung Gen-Mais-Anbau die Tür

EU-Abstimmung ohne qualifizierte Mehrheit gegen drei gentechnisch manipulierte Maissorten / Gesetzänderung zu Anbauverboten in Deutschland von Union blockiert

Berlin, 27.03.2017. Heute stimmten die EU-Staaten in Brüssel darüber ab, ob drei gentechnisch manipulierte Maissorten in Europa auf den Acker dürfen. Es kam keine qualifizierte Mehrheit zusammen, so dass die alleinige Entscheidung nun bei der Europäischen Kommission liegt. Deutschland enthielt sich. Der Vorsitzende des Öko-Dachverbandes Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft, Felix Prinz zu Löwenstein, kommentiert:

„Deutschland hat sich mit einer Enthaltung um ein klares Nein gedrückt, obwohl die gentechnikfreie Produktion boomt. Der Großteil der Menschen will gentechnikfreie Landwirtschaft und Lebensmittel. Zu Recht, denn im Zulassungsverfahren ist noch immer keine umfassende Risikobewertung verankert. Andere Länder haben sich unmissverständlich gegen den Gen-Mais ausgedrückt. So hat  Italien sein früheres Ja-Votum  in ein klares Nein verwandelt.

Produzenten, die Gentechnik gar nicht einsetzen, haben derzeit das Nachsehen. Der Anbau von Gentechnik-Pflanzen kostet alle, die ihn nicht wollen, viel Geld. Jeder Anbau von Gentechnik-Pflanzen irgendwo in Europa erhöht die Gefahr von Kontaminationen. Das bedeutet hohe wirtschaftliche Risiken für gentechnikfreie Bauern und Lebensmittelproduzenten. Diese Risiken hätte der verantwortliche Minister Schmidt mit einem Nein ausgeschaltet.

Derweil stockt die nationale Neufassung des Gentechnikgesetzes, mit der nationale Anbauverbote ermöglicht werden sollen. Die A-Länder und ein Teil der Bundesregierung fordern notwendige Verbesserungen, doch es bewegt sich nichts. Gentechnikfrei wirtschaftende Bauern und Lebensmittelproduzenten erwarten von der Bundesregierung, dass es mit den Anbauverboten voran geht, ohne dass Abstriche bei der Qualität gemacht werden. Dass hierzulande die Landwirtschaft gentechnikfrei wirtschaftet, sichert den Bauern einen wichtigen Wettbewerbsvorteil.“


Hintergrund
Auf der Tagesordnung des sogenannten Berufungsausschusses steht u. a. eine Abstimmung über Anbau-Zulassungen für die Maissorten MON 810 (Monsanto, Wiederzulassung), 1507 (Pioneer, Erstzulassung) und Bt11 (Syngenta, Erstzulassung). Erstmals seit 2010 könnte es damit in der EU wieder Anbau-Zulassungen für gentechnisch veränderte Pflanzen geben.. Die Risikobewertung der EU-Lebensmittelbehörde EFSA für die drei Maislinien weist große Lücken auf. Die Risiken der zur Zulassung anstehenden Sorten für Umwelt und Gesundheit sind nach Ansicht von Experten nicht ausreichend geklärt. So könnte beispielsweise das vom Bt-Mais produzierte Gift nicht nur den schädlichen Maiszünsler, sondern auch andere Insekten und Gliederfüßer töten. Auch die Folgen für mit Bt-Mais gefütterte Nutztiere und schlussendlich auch für den Menschen seien unklar. Damit der Mais das Gift produzieren kann, wurde ihm ein Gen des Bakteriums Bacillus thuringiensis (Bt) eingepflanzt. Bt11- und 1507-Maispflanzen sind außerdem resistent gegen das Breitbandherbizid Glufosinat, dessen Neuzulassung in der EU ebenfalls beantragt wird.

Die Entscheidung für oder gegen den Anbau kann auch als Test einer neuen Regelung, dem sogenannten Opt-out, angesehen werden. 2014 einigte man sich darauf, dass einzelne Mitgliedsstaaten über nationale Gentech-Anbauverbote künftig leichter selbst entscheiden dürfen. Die Vermutung, dass einer Zulassung nun leichter zugestimmt werden könnte, weil die Nationalstaaten trotzdem selbstständig den Gentechnik-Anbau auf ihrem Territorium verbieten könnten, wird jetzt einer ersten Prüfung unterzogen.

Die Opt-out Regelung muss in nationales Recht umgesetzt werden, was Deutschland aktuell mit einer Änderung des Gentechnik-Gesetzes anstrebt. Der Entwurf, der aktuell dazu auf dem Tisch liegt, ist jedoch unzureichend, um den Anbau wirksam auszuschließen.

Die Bundesländer hatten bereits im vergangenen Jahr einen eigenen Gesetzvorschlag eingebracht, mit dem Gentechnik-Anbauverbote einheitlich vom Bund ausgesprochen werden könnten. Die Regierungspartei SPD und alle SPD-geführten Landesregierungen haben sich wiederholt für einheitliche Gentechnik-Anbauverbote für ganz Deutschland ausgesprochen. Der vom BMEL vorgelegte Entwurf eines 4. Gesetzes zur Änderung des Gentechnikgesetzes, wurde am 2. Dezember 2016 in erster Lesung im Bundestag beraten. Dabei meldete die SPD-Fraktion erheblichen Änderungsbedarf an.

Der Bundesrat forderte das Parlament in seiner Stellungnahme auf, folgende Korrekturen im Entwurf des Gesetzes vorzunehmen:

 
-       Streichung der komplizierten Abstimmungsregelung mit sechs Bundesministerien (§ 16f);

-       Streichung der Notwendigkeit eine Begründung vorzubringen, wenn Gentechnik-Unternehmen aufgefordert werden, Deutschland freiwillig aus dem Zulassungsantrag für eine gentechnisch veränderte Pflanze auszunehmen („Phase I“, § 16f);

-       Übernahme einer aktiven Rolle durch den Bund bei der Recherche von Verbotsgründen (§ 16h);

-       Aufhebung von Anbauverboten (§ 16i): analog zur Einführung von Anbauverboten muss auch für die Aufhebung („opt in“) eine Mehrheit im Bundesrat Voraussetzung sein.

Nach Auffassung des BÖLW müsste zusätzlich folgender Punkt korrigiert werden:

-       Streichung der Passage zu neuartigen Gentechnikverfahren wie CRISPR-Cas in der Begründung. Es muss klargestellt werden, dass keine nationale Zulassung solcher Verfahren – bzw. von aus ihnen entstandenen Organismen – erfolgen darf, bevor auf EU-Ebene eine gentechnikrechtliche Einstufung vorgenommen wurde.
 

2017-03-22

Weltwassertag am 22.03.2017

Bio-Bauern schützen Trinkwasser und retten Meere
 
Berlin, 20.03.2017. Am 22. März 2017 ist Weltwassertag. Ziel des Internationalen Weltwassertages ist es, auf die Bedeutung des Wassers als Lebensgrundlage für die Menschheit aufmerksam zu machen. Der Vorsitzende des Öko-Dachverbandes Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft, Felix Prinz zu Löwenstein, kommentiert mit Blick auf die Landwirtschaft:
 
„Bio-Bauern schützen unser Trinkwasser und retten unsere Meere. Ökolandbau verhindert Überdüngung, weil die Zahl der Tiere pro Fläche streng begrenzt ist. So stellen Bio-Bauern sicher, dass nicht mehr Nährstoffe mit dem Dünger ausgebracht werden, als die Pflanzen aufnehmen.
 
Bio-Bauern schützen ihre Pflanzen ökologisch, chemisch-synthetische Pestizide sind tabu. Auf diese Weise schützen Bio-Bauern unsere Gewässer davor, mit solchen Substanzen verschmutzt zu werden.
 
Bundesweit kooperieren Wasserwerke mit Bio-Bauern. Denn die Wasserwerke investieren lieber in eine grundwasserschonende Landwirtschaft anstatt viel Geld für Wasseraufbereitung auszugeben.
 
Die Bundesregierung muss mit ihrer Politik dringend den Ökolandbau stärken, für einen besseren Gewässerschutz in der Landwirtschaft.“
 
Hintergrund
Bereits heute verbraucht die Landwirtschaft etwa 70 % allen verfügbaren Süßwassers*. Laut Weltwasserbericht der UNESCO haben rund 900 Millionen Menschen keinen Zugang zu Trinkwasser. Größter Verbraucher ist die Landwirtschaft, sie beansprucht etwa 70% des gesamten Wasserbedarfs. Dabei wird nicht einmal ein Fünftel der landwirtschaftlichen Flächen bewässert. Für die Bewässerung wird meist Grundwasser gebraucht, das zwar auf natürlichem Weg relativ schnell kompensiert werden kann. Eine übermäßige Nutzung hat aber eine Absenkung des Grundwasserspiegels zur Folge. Außerdem trägt der Einsatz von Nitrat-Düngern zur Verunreinigung von Grundwasser bei. Die stärkste Auswirkung auf den Wasserverbrauch habe aber das geänderte Konsumverhalten: „Für die Herstellung von einem Kilogramm Reis werden 2.500 Liter Wasser benötigt, für ein Kilogramm Rindfleisch 15.000 Liter.“ Laut UNESCO kann nur mit einer Sektor übergreifenden internationalen Zusammenarbeit eine sinnvolle Wasserbewirtschaftung erreicht werden. (Quelle: weltagrarbericht.de)
 
*Hier ist „blaues Wasser“ gemeint, also Grund oder Oberflächenwasser, das zur Herstellung eines Produktes genutzt wird und nicht mehr in ein Gewässer zurückgeführt wird. In der Landwirtschaft ist es etwa das Wasser für die Bewässerung der Pflanzen.